Waldbewirtschaftung in unserer Gemeinde

In den vergangenen Jahren Gab es Aufregungen rund um die Art der Waldbewirtschaftung der Gemeindewälder. Das Anliegen war zunächst durchaus löblich und verständlich: Über Jahrzehnte kümmerte man sich nicht um die Gemeindewälder, was dazu führte, dass manche Flächen sehr vernachlässigt wirkten und teilweise tote oder absterbende Bäume, die in der Nähe von Wegen standen, als gefährdend eingestuft wurden.

So wurde der Förster Ing. Hahn damals mit dem Entwurf eines Pflegeplans für diese Wälder beauftragt (einstimmig im Gemeinderat beschlossen). Man vertraute seinen Ausführungen und Plänen, es schien alles fachlich fundiert und gut bedacht zu sein, die Analyse der einzelnen Waldstücke wurde sehr genau gemacht.

Doch gleich der erste Arbeitseinsatz in Schleinbach führte zu Protesten aus der Bevölkerung: Neben der Grünschnittdeponie wurde ein wild aufgegangener Wald, den Ing. Hahn als zusammenbrechender Bestand bezeichnet hatte, gerodet – für eine Umwandlung in einen Hochwald. Ein Lokalaugenschein meinerseits führte auch bei mir zu großer Skepsis: Selbst kerngesunde Bäume waren umgeschnitten worden (Kirschen, Nussbäume, Pappeln), einfach weil es so für die Rodung mit schwerem Gerät weniger mühsam war. Auch ein ca. 3m hoher Weidenstamm (1 Meter Durchmesser) einer abgestorbenen Weide, in dem viele Insekten aus und ein flogen – ein Paradies für die bedrohte Insektenwelt – wurde mit schmerzlicher Selbstverständlichkeit entfernt. Bis zu 50 cm tiefe Fahrrillen bewiesen eine großflächige Bodenzerstörung. Angesichts dieses Anblicks erschien auch mir der Protest mancher BürgerInnen nur allzu verständlich. Auch die Aufforstung mit Linden, Erlen und Schwarznüssen erschien da nicht optimal zu laufen: Winzige Setzlinge in einer „Mondlandschaft“ ergaben ein erbärmliches Bild. Wertvolle Arten wie Speierling oder Elsbeere, die im Weinviertel heimisch aber schon selten sind, wurden erst nach mehrmaligem Bitten meinerseits bei der Aufforstung ergänzt.

Mittlerweile hat sich diese Fläche aber etwas erholt, die Erlen fühlen sich im meist nassen Boden sehr wohl (dort ist eine Quelle), auch die Linden sind ordentlich angewachsen. Die Schwarznüsse sind noch schwach und nicht sehr wüchsig. Dafür haben einige umgeschnittene Weiden und Pappeln wieder stark ausgetrieben, Holler ist meterhoch geschossen, manche Teile sind von Schilfgruppen oder Goldruten etwas überwachsen worden. Noch im Frühling wird Störendes umgeschnitten damit sich die Jungbäume möglichst gut entwickeln können!

Der Försterwechsel von Ing. Hahn zum neuem Förster Hr. Ing. Steindl jun. hat die sehr positive Konsequenz, dass nun mehr auf Wünsche und Bedenken der Bevölkerung eingegangen wird und auch eine größere Offenheit für eine naturnahe Bewirtschaftung des Waldes herrscht. So dürfen auf dieser Fläche auch wild aufgegangene Bäume zunächst stehen bleiben, auch Stockausschläge der umgeschnittenen Bäume werden nicht gleich wieder entfernt.

Großen Ärger gab es im vorletzten Winter auch beim Kahlschlag in der Nähe des Weinviertelkreuzes, am Hang in Richtung Kronberg. Es gab dort in diesem Niederwald, der alle paar Jahrzehnte für energetische Nutzung geschnitten wurde, mehrere tote Bäume, die unter Umständen auch verkehrsgefährdend sein hätten können, auch mehrere kranke Eschen stimmten Hr. Ing Hahn bedenklich, er entschied sich spontan für den Kahlschlag. Die hohen Pappeln am Waldrand zur Straße hin verdeckten den schlechten Zustand des Waldes. Auch hier wurde wieder, bis auf sehr vereinzelte Bäume (Eichen, Kiefer) restlos alles umgeschnitten. Die Stämme zeigten im Anschluss, dass wirklich viele sehr kranke Bäume dabei waren, allerdings auch wieder ein paar kerngesunde Bäume mitgeschnitten wurden. Jetzt, nach der zweiten Vegetationsperiode nach dem Schnitt, haben die Stöcke wieder stark ausgetrieben, die Fläche wirkt dicht und hoch verbuscht.

Hier erfolgt nun eine deutlich andere weitere Vorgangsweise in der Waldpflege als ursprünglich vorgesehen: Statt weiteren Kahlschlägen werden in Zukunft nur einzelne, kranke, tote oder gefährdende Baumexemplare geschnitten, sie bleiben aber im Wald zur Humusbildung. Es ist aber der Bevölkerung gestattet, gegen einen geringen Beitrag dieses Holz selbst aus dem Wald zu holen.  

Im politischen Umfeld hat sich ebenfalls ein Stimmungswandel vollzogen: Vor 10 Jahren noch wurde ich beim Äußern von Bedenken beim Entfernen mächtiger Bäume mit einem:“ Wir sind froh, wenn des Klumpert weg ist!“ abgespeist. Mittlerweile ist eine sachliche Diskussion über den Wert großer, alter Bäume möglich!

Das GRÜNE KLEEBLATT freut sich über diese Entwicklung und möchte sich beim Vizebürgermeister Pepi Stöckelmayer, der sich in dieser Sache sehr offen und gesprächsbereit zeigte, bedanken!

Diese Änderung hängt vielleicht auch damit zusammen, dass es eine Fülle neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse über das Leben und den Wert von Bäumen und Wäldern gibt!

Die Wissenschaft hat in den letzten Jahren faszinierende Einzelheiten entdeckt:

  • Bäume 'kommunizieren' mit ihren Nachbarn, warnen sie vor Schädlingsbefall usw.
  • Bäume pflegen eine intensive Lebensgemeinschaft mit dem Bodenleben, vor allem mit den Bodenpilzen(Mykorrhiza) Bäume liefern den Pilzen energiereiche Säfte an, die Pilze lösen Mineralien aus dem Boden und stellen sie den Bäumen zur Verfügung .
  • Bäume, die sich mögen (z.B. Birke und Kiefer), stellen sich gegenseitig bei Bedarf Nährstoffe zur Verfügung, der Austausch erfolgt über das Pilzgeflecht im Boden. Im Wald herrscht eine Art WWW – Wood Wide Web, welches alle Bäume untereinander verbindet…
  • Alte Mutterbäume pflegen ihre Sämlinge, 'füttern' sie in Notzeiten durch, sie können dabei sogar eigene Sämlinge von fremden Sämlingen unterscheiden – sie fördern gezielt die eigenen!
  • Bäume lernen aus belastenden Phasen und geben dieses `Wissen` über die Samen an die nächste Generation weiter.
  • Im Wald herrscht – anders als bisher angenommen und gelehrt- viel mehr Zusammenarbeit und Rücksichtnahme als pure Konkurrenz um Licht oder Nährstoffe.
  • Bäume sind richtige Kühlgeräte in der Landschaft, unter einzelnen Bäumen sinkt die Temperatur bei Hitzeperioden durch Verdunstung um ca. 3°, in Wäldern um bis zu 15° im Vergleich zur offenen Landschaft!

Wer sich für diese neuen Forschungen und Erkenntnisse interessiert, dem seien folgende Bücher als Literatur empfohlen:

Peter Wohlleben: Das geheime Leben der Bäume

Peter Wohlleben: Der lange Atem der Bäume

Ernst Zürcher: Die Bäume und das Unsichtbare

Merlin Sheldrake: Verwobenes Leben

Martin Grassberger: Das leise Sterben