Frauen lesen Frauen

Eine Busreise und ein Nachmittag mit Büchern und Gesprächen.

„Pah“, schnaubte ich schließlich, weil ich bei akuter Verunsicherung oft großlaut und hemdsärmelig werde, „heutzutage muss aber auch alles meditieren, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.“

Dieses Zitat stammt aus dem Buch „Kummer aller Art“ von Mariana Leky, und ich höre es im „Alten Depot“ in Mistelbach. Es ist der Weltfrauentag 2023, und Clasien und ich sind bei einer Veranstaltung in Mistelbach: Frauen lesen Frauen. 10 Stunden – 20 Frauen.

Wir sind wieder einmal mit der Kamera unterwegs. Wir fahren mit dem Bus nach Mistelbach und genießen die Schlingen und Schleifen, die wir zurücklegen, um ans zu Ziel zu gelangen. Alle Ortskerne werden angefahren, wenige steigen ein oder aus.

Wir kennen das „Alte Depot“ von früheren Veranstaltungen und erinnern uns an die köstlichen Waffeln, die wir letztens dort gegessen haben. Ich erzähle, dass ich mir so ein Waffeleisen besorgt habe, aber meine Waffeln leider lange nicht so knusprig werden, wie die im „Depot“.

Auf der Bühne wird zur vollen und halben Stunde gelesen. Es sind Mistelbacher Frauen, die Bücher und Textstellen ausgesucht haben, und schon bald werden wir in die Vielfalt der Themen hineingezogen.

Gleich zu Beginn hören wir: „Die Verwandlung der Frauen in eine heimliche Dienerklasse war eine ökonomische Leistung ersten Ranges.“ Diesen Satz zitiert die Kulturwissenschafterin Evke Rulffes im Buch: „Erfindung der Hausfrau.“ Wie konnte das passieren?

Im Buch „Dreizehn Leben“ von Anna Badora werden Frauen vorgestellt. Wir lernen Marie Ringler kennen. Sie erzählt, was sie von ihrer Familie mitbekommen hat und wie sie nach dem Studium schon in jungen Jahren in die Politik einstieg. 2010 schied sie aus dem Wiener Gemeinderat aus und widmet sich nun innovativen, sozialen Projekten.

Das Mistelbacher Frauenhaus wird beschrieben. 7 Zimmer gibt es. 7 Frauen mit ihren Kindern, die dort Erholung und Stärkung finden können. Im Weihnachtsrundbrief schreiben die Kinder ihre Wünsche auf: Niemand soll schreien, der Papa soll woanders hingehen, die Mama soll wieder mit mir spielen…

Wir essen Tortenstücke, die die Frauen mitgeschickt haben, gestrickte Socken gibt es gegen Spende.

In den kurzen Lesepausen lernen wir Frauen kennen, treffen wir alte Bekannte, die Stimmung ist ruhig, die Zeit vergeht wie im Flug.

Eine Autorin fragt sich, was man kocht, wenn man wütend ist und liefert auch gleich das Rezept.

Nudeln sind immer richtig! Ich denke an zuhause, wenn wir alle rund um den Küchentisch sitzen und Spaghetti Bolognese essen.

In einer Lesepause fragt mich eine Frau: Kennen wir uns nicht? Haben wir uns nicht bei Edith getroffen? Und schon sind wir in Ediths Garten vor 20 Jahren. Die Kinder spielen und wir Frauen trinken Kaffee. Edith ist die erste Weinviertlerin, die ich kennen lernte und die mir rasch eine gute Freundin wurde. Inzwischen sind unsere Kinder erwachsen und Edith wohnt schon lange nicht mehr in Neubau.

Wir fahren nach einem reichen Nachmittag wieder mit dem Bus nachhause.

Ich denke noch einmal an Mariana Leky und ihre Geschichte übers Meditieren und welche Schwierigkeiten man damit haben kann. Schlussendlich lässt sie die Freunde ein Fahrrad reparieren und diese genießen dabei die wortlose Übereinstimmung ihres Miteinanders.