Wartberg

Diesmal folgen wir strengen Regeln, setzen Maßnahmen, legen unsere Vorgangsweise, unseren Spaziergang genau fest.
Ziel ist das Kreuz am Wartberg in der Gemeinde Ulrichskirchen-Schleinbach. Das Kreuz liegt auf 249 m.
Dort werden wir uns eine halbe Stunde lang aufhalten.
Ich werde schreiben, Clasien wird in Sichtweite des Kreuzes fotografieren.

Es ist ein Freitag, als Clasien eine sms schreibt:
Gehen wir heute? Das Wetter wäre ideal fürs Fotografieren.
Ja, wohin gehen wir?
Wie besprochen auf den Wartberg, und wir halten den besprochenen Rahmen ein.
Gut, ich bin um 10.45 bei dir.

Angekommen. Ich sitze vor dem Kreuz und schaue Richtung Norden. Ich höre die Schnellbahn im Rücken, das Rauschen der Autobahn, trotzdem, still ist es hier. Die Farben leuchten in verschiedenen Brauntönen, der Himmel ist blau, die Wolken liegen zerstreut über mir. Links vom Kreuz sehe ich den Lagerhausturm, dahinter Unterolberndorf. Die Siedlung am Hang liegt in der Sonne, dahinter der Wasserturm „am Hirschen“. Erst letzte Woche wanderte ich dort vorbei. Wir besuchten den Heurigen in Hautzendorf.

Das alte Ziegelwerk vor Unterolberdorf wurde abgerissen. Ein großes Reitzentrum sollte dort entstehen. Die Ziegelwerkruine war wildromantisch. Jetzt sind die halbverfallenen Mauern endgültig abgerissen. Das Autowrack, das dort in einer Grube versteckt lag, ist entsorgt. Vom Reiterzentrum ist allerdings auch noch nicht viel zu sehen. Seit vielen Monaten liegt die Baustelle wieder still. Ein fast fertiges Haus mit vielen Fenstern steht dort. Sollten dort Zimmer für Reiterinnen und Reiter werden?

Schleinbach liegt versteckt hinter Bäumen. Mein gelbes Haus in der Hauptstraße ist nicht zu sehen. Auch die Kirchturmspitze find ich nicht.

Am Horizont zähle ich elf Windräder. Die Bergmühle leuchtet frisch renoviert. Hier feiern die Wiener am Wochenende.

Ich verändere meinen Blickwinkel, schaue in die Siedlung In den Jochen. Im neueren Teil liegt die Ordination des Ulrichskirchner Arztes. Vis-à-vis ist die neue Volksschule. Als sie gebaut wurde, bedauerte ich, dass die Schulen aus den Ortszentren gerissen wurden. Heute weiß ich nicht mehr, ob das so schlimm ist. Die Orte wachsen, die Kinder werden mehr, die Kinder haben helle Klassenzimmer, einen großen Turnsaal, eine Bibliothek, eine große Aula, in der sie gemeinsam Feste feiern können. Jetzt ist angedacht, dass hier auch ein zentraler Kindergarten gebaut werden soll. Ich mag den Gedanken wieder nicht.

Die neue Feuerwehr Ulrichskirchen ist ein stattlicher Bau. Ich war noch nie dort, wahrscheinlich, weil ich in Schleinbach eine eigene Feuerwehr habe.

Der Fahrradweg und Fußweg von Ulrichskirchen nach Schleinbach ist neu. Viele Kirschbäume fielen dem Bau zu Opfer. Die Bäume wurden noch nicht nachgepflanzt.

Im Westen liegt Riedenthal. Am Ortseingang entsteht eine neue Siedlung. Viele wollen jetzt aufs Land ziehen. Wir liegen im Speckgürtel. Wissen die Menschen, was es heißt, hier, am Land zu leben? In Riedenthal kann man nichts einkaufen. Man braucht ein Auto. Es gibt eine Feuerwehr, ein Gasthaus, das Dorfhaus.

Es dauerte auch für mich eine Weile, bis ich Leute kennen lernte und neue Freundschaften schloss. Man kann verschiedenen Vereinen, wie der Feuerwehr, dem Chor, der Blasmusikkapelle, beitreten. In der Kirche kann man sich auch engagieren. Mit der Zeit lernt man Leute mit gleichen Interessen kennen. Ich bin einem Lesekreis beigetreten, treffe mich mit Freunden beim Heurigen, esse Schnitzel beim Feuerwehrfest. Manchmal fahre ich in die Stadt und freue mich aber dann wieder, wenn ich in mein Haus und in meinen Garten zurückkehren kann.

Hier oben mischen sich Gelbtöne in die braunen Farben. Das Trockengras wiegt sich weiß im Wind.

Im Süden, in der Ferne, sehe ich die Hochhäuser von Wien und davor die Autobahn, die dort hin führt. Die Luft ist diesig, die Umrisse sind verschwommen.

Es ist still hier oben, ich höre einen Hund bellen, die Kirchenglocken läuten.