Vergebene Chance

Unsere Gemeinde besitzt Dutzende Hektar an Ackerflächen, welche sie an Landwirte verpachtet. Nach einem Vorschlag des Arbeitskreis Klimabündnis unserer Gemeinde unterstützte das Grüne Kleeblatt die Forderung, auslaufende Pachtverträge nur dann zu verlängern, wenn die entsprechenden Flächen nach den Grundsätzen der Biologischen Landwirtschaft bewirtschaftet würden. Die Motivation dafür war, dass bei biologischer Bewirtschaftung die Bodenqualität erhöht würde (durch Förderung bzw. Schonung des Bodenlebens), was mehrere positive Effekte gehabt hätte: Durch Erhöhung des Humusgehalts können große Mengen an CO2 im Boden gespeichert werden, was in Zeiten der Klimakrise wichtig wäre. Weiters würden die Bodenverluste durch Abschwemmung bei Starkregen verringert und andererseits die Aufnahmefähigkeit für Regenwasser erhöht. Auch unter dem Aspekt der Artenvielfalt und des Insektensterbens wäre diese Bewirtschaftungsform wünschenswert gewesen und hätte eine Chance geboten, als Gemeinde ein Zeichen für Zukunftsfähigkeit zu setzen. Unsere Marktgemeinde ist eine „Natur im Garten“-Gemeinde, hat sich verpflichtet, auf öffentlichen Gründen auf synthetische Spritzmittel und Düngemittel zu verpflichten, sie erlaubt diese aber ausdrücklich auf ihren eigenen landwirtschaftlichen Flächen!

In der Diskussion vor der Entscheidung gab es wenige fachliche Argumente, dafür sehr emotionelle, wie z.B., dass früher Schulklassen Käfer auf Feldern abklauben mussten – als wäre das heutzutage Standard auf biologisch bewirtschafteten Feldern…! Es wurde auch darauf hingewiesen, dass man grundsätzlich gegen einen Zwang in dieser Richtung sei, für freie Entscheidung der Landwirte. Es sollte allerdings nach dieser Forderung niemand gezwungen werden Biolandwirt zu werden, sondern sich nur verpflichten, jene gepachteten Flächen, welche sich in öffentlicher Hand befinden, nach Biorichtlinien schonend zu bewirtschaften. Das ist aus unserer Sicht kein Zwang, sondern ein Recht des Verpächters, seinen Besitz nach eigenen Vorstellungen für die Zukunft in gutem Zustand zu bewahren. Dieses Recht nimmt ja die Gemeinde jetzt schon in Anspruch, weil sie die Ausbringung von Klärschlamm unserer Kläranlage auf diesen Flächen nicht gestattet, obwohl dieser nach Auskunft des Bürgermeisters völlig unbedenklich und nicht bodenbelastend wäre…!

Die Beteuerungen der ÖVP, wie toll sie es fände, dass es in unserer Gemeinde mittlerweile immer mehr landwirtschaftliche Flächen gäbe, welche biologisch bewirtschaftet würden, beeindrucken das Grüne Kleeblatt nicht sonderlich, für uns zählen Taten, nicht Worte.

Die Böden im Weinviertel sind nach Analysen der Universität für Bodenkultur in bedenklichem Zustand, durch den Klimawandel droht die Landwirtschaft in Zukunft massiv unter Druck zu kommen. Da wäre eine Entscheidung in Richtung einer höheren Zukunftsfähigkeit, welche auch eine höhere Bodenqualität benötigt, wichtig gewesen.

Kurze Zeit nach dem Gemeinderatsbeschluss, im September und Oktober, fanden vom Land Niederösterreich („17undwir“) veranstaltete Onlineseminare zum Thema „Vom Wert des Bodens“ statt. Der Klimatologe Dr. Herbert Formayer (BOKU) führte unter anderem aus:

Ein gesunder Boden ist essentiell für einen Schutz gegenüber Trockenheit und Hitze

  • Die Wasserspeicherkapazität ist höher
  • Die Infiltrationsraten von Niederschlagswasser sind höher
  • Dadurch gibt es weniger Oberflächenabfluss und Erosion
  • Nicht zuletzt sind auch der Humusgehalt und damit die CO2-Speicherung höher

und weiter:

Alle Maßnahmen, die zur Verbesserung der Bodenqualität beitragen, führen zu

  • Reduktion von Trockenproblemen in der Landwirtschaft
  • Reduktion von Erosion und Sturzfluten
  • Reduktion der Hitzebelastung

Schade, liebe ÖVP! In diesem Fall habt ihr die Verantwortung für öffentliches Gut nicht genügend wahrgenommen!

(Wolfgang Exler)

Keine Mehrheit für Achtsamkeit auf den Gemeindeäckern

Im Rahmen der Gemeinderatssitzung vom 4.8.2020 wurde von uns Grünen der Antrag gestellt, dass zukünftige Pächter*innen der Gemeindeäcker bzw. die Verlängerung eines Pachtvertrages daran gebunden sein soll, dass die Böden ausschließlich nach ökologischen Kriterien bearbeitet werden dürfen.

Nun sind die sehr vielen Äcker der Gemeinde schon seit Jahren an dieselben Pächter*innen vergeben, 43 Prozent werden bereits biologisch bewirtschaftet, 9 Prozent werden nicht bewirtschaftet und 48 Prozent werden konventionell bearbeitet. Also immerhin ein Potential von fast der Hälfte, bei der auf Kunstdünger, Insektizide und Pestizide verzichtet werden könnte.

Unser Antrag wurde erwartungsgemäß von allen ÖVP-Gemeinderät*innen und den meisten der SPÖ abgelehnt.

Die Begründungen waren vielfältig und durchsichtig (einer der Hauptpächter sitzt selbst im Gemeinderat). Interessant war aber die Begründung, dass man einem Bauer, der Land pachtet, die Form der Bearbeitung auf keinen Fall vorschreiben darf, obwohl dieses Land ihm ja gar nicht gehört. Es wäre eine unzumutbare Bevormundung, eine Entmündigung und eine existenzbedrohende zu Tode-Regelung für die Pächter*innen. Natürlich stellt man sich da schon die Frage, wie jene Landwirt*innene überleben, die immerhin 43 Prozent der Gemeindeäcker biologisch bewirtschaften.

Ich habe mir überlegt, wenn die Äcker vermietete, gemeindeeigene Häuser wären, dann würde das bedeuten, dass jeder Mieter mit dem Haus tun darf, was er will, obwohl das Haus Eigentum der Gemeinde ist. In jedem Gemeindebau der Stadt Wien hängt eine Hausordnung, jeder Wohnungseigentümer darf seinem Mieter kündigen, wenn er nicht achtsam mit seiner Wohnung umgeht. Kein Eigentümer würde auf die Idee kommen, sein Haus weiter an einen Mieter zu vergeben, der seinem Haus nicht guttut.

Schade, dass unsere Erde kein Haus ist.

(Susanne Nanut, Gf Gemeindrätin)