Der Pfarrhof in Ulrichskirchen und die Gemeinde

Ein ansprechendes Ortsbild wird maßgeblich von historischen (oft denkmalgeschützten) Gebäuden einer Ortschaft bestimmt. Diese wirken auch oft identitätsstiftend für eine Ortsgemeinschaft und finden sich auch oft beispielsweise in den Ortswappen verewigt. Ulrichskirchen weist noch einiges an historischer Bausubstanz auf – unter anderem die Pfarrkirche, den Pfarrhof, den Schüttkasten, den ehemaligen Gasthof Aicher, den Meierhof. Der Meierhof wurde erst kürzlich einer mustergültigen Sanierung unterzogen, das historische Gebäude dient nun einerseits privaten Wohnzwecken, andererseits kann ein Teil von der Öffentlichkeit zu Veranstaltungszwecken genutzt werden. Der Gasthof Aicher schlummert derzeit zwar noch vor sich hin, jedoch liegt ein Umbau- und künftiges Nutzungskonzept vor, das hoffen lässt. Ein weiniger gutes Beispiel gibt derzeit der Schüttkasten ab. Vor einigen Jahren von der Gemeinde an einen privaten Projektentwickler verkauft, dämmert das Gebäude weiter ungenutzt vor sich hin…

Der denkmalgeschützte Pfarrhof, auch schon in die Jahre gekommen, bedarf der Sanierung. Auch wenn der Gebäudekomplex im Eigentum der Pfarre steht, hat die Gemeinde aus oben genannten Überlegungen natürlich ein berechtigtes Interesse am Erhalt des Pfarrhofes, weshalb es schon seit längerem immer wieder Gespräche seitens der Gemeindeführung, d.h. des Bürgermeisters, mit der Pfarre gab. Eine finanzielle Beteiligung der Gemeinde an der Sanierung stand im Raum. Wir vom Grünen Kleeblatt haben immer wieder nachgefragt, wie der Stand der Dinge sei – die Antworten, seitens der ÖVP-Führung waren wenig ergiebig. Zuletzt, im Sommer 2021, hieß es, man warte auf das Statikergutachten, ob die Sanierung wie geplant überhaupt möglich sei… Anfang November wurde uns ein Mietvertragsentwurf vorgelegt. Der Plan: die Gemeinde beteiligt sich bei kalkulierten Sanierungsgesamtkosten des Pfarrhofes von rund € 1.950.000,- mit € 400.000,-. Diese € 400.000,- gelten als Mietvorauszahlung für 40 Jahre. Nutzen darf die Gemeinde für diesen nicht unbeträchtlichen finanziellen Aufwand Veranstaltungsräume (von rund 113 m²) im Pfarrhof, an 146 Tagen pro Jahr, wobei die Pfarre, die diese Räume entgeltlich vermieten wird, ein Vornutzungsrecht für Wochenenden aber auch für den Garten (besonders in den „schönen Jahreszeiten“) haben wird. Die Sanierung ist für die Jahre 2022 und 2023 geplant, der Mietvertrag soll ab 1. Jänner 2024 laufen.

Die Nutzung der Räume kann nach Anmeldung durch Gemeindebürger*innen bzw. in der Gemeinde ansässigen Gruppierungen erfolgen, nach Aussage des Bürgermeisters vor allem durch Pensionistenverband und Seniorenbund sowie die Kinderspielgruppe – diese Gruppen treffen sich bereits jetzt in anderen gemeindeeigenen Räumlichkeiten. Stehen diese Räume in Zukunft leer? Argumentiert wurde auch mit der fehlenden Gastronomie im Ort. Dies ist in der Tat ein Problem, jedoch ist im ehemaligen Gasthof Aicher die Ansiedlung eines Gastronomiebetriebes in den kommenden Jahren geplant und im Pfarrhof wird es einen solchen auch in Zukunft nicht geben. In Summe überzeugt dieses Nutzungskonzept des Bürgermeisters das Grüne Kleeblatt nicht.

Der Mietvertragsentwurf enthielt auch etliche, für die Gemeinde wenig vorteilhafte Passagen, wie beispielsweise, dass die Gemeinde als Mieterin anteilige Kosten für die Instandhaltung der Heizanlage zu tragen hätte – nach allgemeinem Mietrechtsgesetz ist dies Aufgabe des Vermieters.

An den Kosten für die Gartenpflege sollte sich die Gemeinde mit einem Pauschalbetrag beteiligen wobei nicht klar ist, wie hoch die Gesamtkosten dafür sind – wir erinnern uns auch: für den Garten hat die Pfarre in den „schönen Jahreszeiten“ das Vornutzungsrecht.

Auf Initiative des Grünen Kleeblattes wurden zahlreiche, für die Gemeinde wenig vorteilhafte Details des Mietvertragsentwurfes entschärft bzw. angepasst. Nach Rücksprache von Vertreter*innen des Grünen Kleeblattes mit Vertreter*innen der Pfarre wissen wir nun auch, dass die Pfarre plant, die künftigen Veranstaltungsräume für Bildungs- und Kulturveranstaltungen zu nutzen, ein Plan, der unsere volle Unterstützung erfährt. Wir haben jedoch auch erfahren, dass ohne finanzielle Beteiligung der Gemeinde ein Verkauf des sanierungsbedürftigen Pfarrhofes an private Investoren geplant wäre – mit ungewissem Ausgang für Erhalt und Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes. (Wir erinnern uns an das Schicksal des Schüttkastens.)

Sehr irritiert uns, dass, wie bei Mietverträgen üblich, Betriebskosten anfallen werden, diese im Vertrag jedoch nur in Prozentanteilen ausgedrückt werden. Auch auf Nachfrage erhielten wir keine Angaben zu den zu erwartenden absoluten Kosten. Für uns unverständlich – gibt es doch Sanierungspläne, gemietet soll ab 2024 werden – da müsste es doch eine Idee zur Höhe der Betriebskosten geben? Leider ist uns bis heute nicht gelungen, dazu Informationen zu erhalten.

In der Gemeinderatsitzung vom 13.12.2021 wurde im Gemeinderat über die Genehmigung des Mietvertrages zwischen Pfarre und Gemeinde abgestimmt. Die Mandatar*innen des Grünen Kleeblattes haben angesichts der enormen Kosten und Dauer des Vertrages von 40 Jahren (sehr viele von uns werden dessen Ende vermutlich nicht mehr erleben) „mit Bauchweh“ zugestimmt. Oft wird viel Geld für weniger sinnvolle Projekte investiert (siehe Beitrag Radraststation). Wir Grünen Kleeblätter sind für den Erhalt des kulturellen Erbes unserer Gemeinde und unterstützen die Idee eines Bildungs- und Kulturzentrums.