Getrennt spazieren

Geplant war der Spaziergang „Einkaufen in Kronberg“. Was machen wir jetzt, fragte ich nach. Spazieren wir im großen Abstand? Mein Vorschlag war, spazieren wir am selben Tag, aber nicht gemeinsam. Die nächste Frage war, ob wir einen anderen Weg suchen sollten. Irgendwo ganz einsam im Wald. Viele schönen Wege gibt es hier, aber dann entschlossen wir uns doch, den geplanten Weg einzuschlagen. Gleichzeitig könnten wir dabei auch auf die vielen Einkaufsmöglichkeiten und Lieferservices aufmerksam machen.

Ich spaziere nach Kronberg. So wie angekündigt. Clasien und ich gehen aber nicht miteinander, plötzlich ist alles anders geworden. Man trifft sich nicht mehr. Per Mail haben wir unsere Route ausgesucht, und so gehe ich jetzt los, allein. Gleich schräg vis-a-vis treffe ich unseren Gemeindeosterhasen. Als ich ihn vor einigen Jahren das erste Mal traf, erschrak ich. Jetzt bin ich froh, diesen alten Bekannten begrüßen zu können, wenigstens er hat sich nicht verändert. Gleich hinter dem Hasen liegt die alte Pferdeschwemme. Meine Kinder haben hier früher gerne gespielt, oft genug kamen sie mit nassen Füßen nach Hause. Heute wäre das kalt, ich bin froh, dass ich meine Haube und meine warmen Handschuhe anhabe. Es scheint zwar die Sonne, aber es weht ein kalter Wind. An der nächsten Abbiegung stand früher der Kurvenwirt. An das Gebäude kann ich mich noch erinnern, jetzt steht hier ein Mehrparteienhaus. In der Trafik gegenüber kaufte mein Mann täglich seine Zeitung, bevor er in die Schnellbahn stieg. Nicht einmal eine Tür erinnert an das kleine Geschäft, sie wurde zugemauert und durch ein Fenster ersetzt. Die Zweigstelle der Raiffeisenbank ist noch offen, Bankgeschäfte kann man vor Ort erledigen.

Mein Handy läutet. Eine Freundin. Sie klingt verzweifelt: „Es wird nie wieder werden wie es war“. Wir plaudern eine Weile, ich wechsle die Straßenseite, weil mir eine Frau entgegenkommt. Der Hauptplatz ist menschenleer. Das ist nicht außergewöhnlich, belebt ist der Platz hauptsächlich wenn der Schulbus ankommt oder der Kindergarten schließt. Das ehemalige Gasthaus am Hauptplatz wird gerade renoviert. Wohnungen entstehen. Der Fleischhauer daneben und das Lebensmittelgeschäft haben schon länger geschlossen.
Die Bäckerei in der Bahnstraße hat offen. Frisches Gebäck, Brot, Kuchen und einige Grundnahrungsmittel gibt es hier das ganze Jahr für uns und jetzt wird das auch noch ins Haus geliefert.

Mein Weg führt an Clasiens Haus vorbei. Gerne würde ich jetzt auf einen Kaffeetratsch vorbeischauen. Auf der Bahnstraße überholen mich ein paar Autos, einmal noch überquere ich die Straße, weil mir ein junges Paar mit zwei Kindern entgegenkommt. Hinter dem Bahnübergang, nach der Siedlung ist ein Container aufgestellt. „MoSo“ steht an der Tür, „24 Stunden Selbstbedienung“. Gerade wird eine frische Lieferung eingeräumt. Ich nehme mir vor, beim Rückweg hineinzuschauen. Auch das Geschäft bei der Tankstelle hat offen. Verhungern müssen wir hier in diesem Ort nicht.

Am Fahrradweg geht es Richtung Kronberg weiter. Ein leerer Linienbus fährt vorbei. Die Bergmühle Kronberg an der nächsten Kreuzung liegt verwaist da. Hier treffen sich an den Wochenenden „die Stadtleute“ und genießen Landluft. Essen, Spiele, kulturelle Darbietungen und zur Entspannung werden Liegestühle angeboten. Das Konzept scheint aufzugehen, an den Wochenenden ist der Parkplatz meist gut gefüllt. Diese Sommerfrischtage werden jetzt wohl auch einige Zeit auf sich warten lassen.
Richtung Kronberg ist eine Tafel mit Wanderrouten aufgehängt. Ich biege nicht in die Weingärten und Felder ab, ich gehe weiter auf dem Radweg Richtung Dorfzentrum. Kronberg begrüßt mich mit einem „Willkommen“ und einem Wappen mit Berg, Kreuz und Krone.
Ein gelber DHL Kleinbus fährt vorbei. Viele lassen sich jetzt Vieles liefern.
Im Kronberger Park, gleich hinter dem stattlichen Feuerwehrhaus, steht die Sommerbühne. Wird es heuer Veranstaltungen geben?

Ein älteres Paar winkt mir aus einem Fenster. Viel mehr als mich gibt es hier nicht zu sehen. Ein Fenster ist mit Kinderzeichnungen voll geklebt. Auf einem Blatt ist ein bunter Regenbogen, darunter steht: „Alles wird gut“.
Nach fast einer Stunde komme ich beim Gasthof Holzbauer an. Der Menüwochenplan hängt an der Tür. Bröselknödelsuppe und Augsburger hätte ich mir heute liefern lassen können. Das kleine Lebensmittelgeschäft daneben ist vormittags geöffnet und auch hier wird auf Bestellung ins Haus geliefert.

Da eine gemütliche Pause im Gasthaus ausfällt, mache ich mich wieder auf den Heimweg. Mein Blick fällt noch auf den Bauernhof, der im Mai und Juni wieder Erdbeeren verkaufen wird. Erdbeermarmelade ist unsere Lieblingsmarmelade.
P.S.: Ich ging rasch zurück nach Hause. Im Selbstbedienungscontainer kaufte ich Bratwürste. Ich kann sie sehr empfehlen.