Ich bin keine Baumumarmerin

Ich bin keine Bäumeumarmerin, aber es gibt Bäume, die mir wichtig sind. In meinem Garten steht ein Nussbaum. Vor ungefähr dreißig Jahren, kurz nachdem wir in Schleinbach eingezogen sind, besuchte mich mein Onkel aus dem Burgenland. Er brachte einen kleinen Baum mit, fast noch einen Zweig. „Dieser Nussbaum ist bei uns im Weingarten aufgegangen“, sagte er und setzte ihn in meinen Garten. Heute ist der Stamm so dick, dass ich ihn mit einer Umarmung nicht umrunden kann. Fast jedes Jahr trägt der Baum Nüsse. Ich lasse sie am Dachboden trocknen. Die Blätter, die er im Herbst verliert sind dick und schwer und können nicht einfach am Komposthaufen entsorgt werden. Wir bringen sie zum Grünschnittplatz.

Zwei Bäume habe ich in den letzten vier Jahren gesetzt. Sie gehören meinen Enkeln. Die Zwetschken dem Buben, die Marillen dem Mädchen. Zwetschken werden wir heuer sicher an die 20 Stück ernten, und vier Marillen gibt es.

Unsere Vorbesitzer setzten vier Birken im Garten. Vor dem Schlafzimmerfenster haben wir deshalb im Sommer einen grünen Vorhang. Den mag ich ganz gerne.

Letzen Sommer allerdings hatten die Birken Wanzen. Das sind ganz kleine Käfer, fast wie Mücken schauen sie aus. Diese Käfer tun nichts, aber sie treten in Massen auf. Unsere Gartenmöbel waren voll davon und drei Wochen lang hatten wir keine Lust es uns draußen gemütlich zu machen. Nach drei Wochen war der Spuk vorbei, und ich hoffe, sie kommen heuer nicht wieder.

 

Auf alten Fotos unseres Hauptplatzes sieht man, dass er früher dicht verwachsen war. Inzwischen gibt es zwei grüne Ecken und in der Mitte einen Parkplatz. Anfang Mai wurden dort wieder drei Bäume gepflanzt. Es sind Geweihbäume aus der Unterfamilie Johannisbrotgewächse. Es freut mich und ich warte schon ungeduldig auf die ersten Blätter und die ersten Blüten. Dieser Baum wird gerne als Straßenbaum angepflanzt, da er als sehr hitze- und trockenheitsverträglich gilt, erfahre ich im Internet.

Hinter dem Teich in Würnitz steht eine Bildeiche. Ich bin schon öfter zufällig vorbeigekommen, aber diesmal will ich die Eiche Clasien zeigen. Der Weg Richtung Würnitz ist auch um diese Jahreszeit besonders schön. Das dichte Grün in verschiedensten Schattierungen tut den Augen so gut. Bei dem Teich in Würnitz angekommen, freuen wir uns über das offene Büffet, trinken Kaffee und schauen den Fischen beim Schwimmen zu.

Am Nachhauseweg wollen wir die Eiche finden. Wir treffen Spaziergänger, die alle meinen: „Ja, da gleich um die nächste Kurve ist die Bildeiche.“ Schließlich kommt uns Thomas Elmayr-Schäfer entgegen. Höflich fragen wir nach dem Baum. Leider bekommen wir nur die Auskunft, dass er hier in der Gegend das erste Mal spaziert.

Kurz vor dem Aussichtsturm entdecken wir tatsächlich eine Eiche mit einigen Heiligenbildern. Es ist nicht die Würnitzer Bildeiche, aber es ist eine Bildeiche. Clasien macht Fotos. Unseren Spaziergang beenden wir im Gasthof Magister. Wir stärken uns und machen uns dann auf den Heimweg. Es dämmert bereits.

Am Weg von Schleinbach über den Mühlratz in Richtung Passleithen steht ein wunderschöner Kirschenbaum. Auch diesen Baum besuche ich mit Clasien. Der Baum steht einsam auf freiem Feld, eine Bank und ein Tisch laden zur Rast ein. Wir legen dort eine kurze Pause ein und schauen Richtung Wolkersdorf, dahinter sehen wir am Horizont die kleinen Karpaten. Zu unseren Füßen wachsen blaue Kornblumen. Der Baum trägt bereits einige blasrosa Kirschen.

Durch den Hohlweg, der parallel zur Passleiten verläuft, gehen wir danach zur Türkenlinde. Der Hohlweg zeigt sich heute in voller Pracht: saftiges Grün rundherum, die Holunderbüsche blühen und dazwischen immer wieder kleine Rosensträuche. Der Duft der Akazienblüten ist betäubend süß.

Die Türkenlinde wurde zum Gedenken der Zweiten Türkenbelagerung 1683 im Jahre 1983 gesetzt. Dieser imposante Baum, der auch gerade in voller Blüte ist, steht nahe den Schnellbahngleisen. Hinter dem Lindenbaum stehen etwas zu nahe drei Schwarzföhren.

 

Nach unserem Spaziergang besuche ich zuhause im Garten meinen Nussbaum. Die Rinde ist rau, und ich denke: „Ich könnte es ja einmal probieren.“ Ich lehne mich an den Baum, umarme ihn und warte auf große Gefühle.